19.08.2017 - Lee and Grant

Noch immer ist der Jetlag nicht ganz besiegt. Den Tag über ist er kein Problem, aber am Abend schlägt er knallhart zu. Gestern Abend war z.B. der Tag um 8.00 Uhr vorbei. Was will man machen, wenn man müde ist. Wir haben ja Urlaub, also haben wir dem Schlaf einfach nachgegeben. Dagegen sind wir halt morgens auch früh wach. Gleicht sich also alles irgendwie wieder aus. Ihr fragt euch jetzt sicher, was schreibt er heute wieder. Die Wahrheit ich brauchte für den heutigen Tag nur wieder einen Einstieg. Entschuldigt, ist mir heute nicht so richtig gelungen.

Was heute ausgesprochen gut gelungen ist, war das Wetter.

Kleine Liebeserklärung an Virginia inbegriffen. An den Staat, nicht die Frau. Eine Frau mit dem Namen Virginia kenne ich auch gar nicht, außer natürlich die Schwester von George Hazard aus der Serie North and South (Fackeln im Sturm). Aber ich schweife schon wieder ab. Was ist denn heute nur los?

Also Virginia ist richtig schön. Grün, saftig und hügelig. Erinnert teilweise an den Allgäu. Vielleicht gefällt es uns deswegen so gut. Natürlich fehlen die Höhepunkte eines USA Urlaubes im Westen, aber trotzdem...

Für heute geplant ist die Besteigung des Sharp Top, dessen Trailhead ihr auf dem Bild seht. Eine wunderschöne Wanderung die uns heute schon etwas fordert. Immerhin geht es auf 2.5 km 373 m nach oben. Somit war auch heute echtes transpirieren angesagt. Die Aussichten von oben entschädigten aber für den anstrengenden Aufstieg.

Die meiste Zeit läuft man auf solchen Wegen nach oben...

Somit war man eigentlich immer im Schatten unterwegs, was auch keine schlechte Idee war. Immerhin sind die Temperaturen halt so wie man dies im Sommer erwartet. Im Tal ca. 30 Grad, am Berg oben natürlich entsprechend weniger. Vielleicht seit ihr auch noch neugierig wie der Berg von unten aussieht? Nein! Ich zeige es euch trotzdem.

Aber verweilen wir noch ein wenig am Gipfel. Mensch, was bin ich heute wieder lyrisch...

Meine Tochter und ich auf dem Sharp Top

Blick von der Spitze in Richtung Startpunkt

Hatte sich der Aufstieg doch wirklich gelohnt. Wenn ihr also Lust habt nachzuschauen, wo wir genau unterwegs waren dann ist nach dem Klick auf das Bild der Download der GPX-Daten möglich. Ihr könnt natürlich auch unten in der Tabelle den Download anklicken. Ihr seht also ich habe keine Mühen und Kosten gescheut euch einen Vollservice zu bieten. So bin ich halt..

Hike

Sharp Top

Länge

5.3 km

Höhenmeter

373 m

Dauer

2 h 10 min

GPX - Daten

Download

Wir sind aber nicht nur wegen irgendwelchen Wanderungen in diese Gegend gefahren, sondern auch weil es hier an allen Ecken und Enden nur von geschichtsträchtigen Ecken so wimmelt. Die Kleinstadt in der wir letzte Nacht verbrachten z.B. hat einen Präsidenten der Vereinigten Staaten hervorgebracht. Woodrow Wilson war der 28. Präsident der USA und ein Kind der Stadt Staunton, Virginia. Regiert hat er von 1913 - 1921 und war daher der Präsident der die USA in den I. Weltkrieg schickte. Gekannt hatte ich ihn aber dennoch nicht und wegen ihm hätte sich die Reise auch nicht gelohnt. Nichts für ungut Mr. Wilson.

Nur etwas mehr als 1 Fahrstunde entfernt vom Sharp Top Mountain liegt Appomattox und das Appomattox Court House.

Wobei dieses Gebäude nicht das Court House ist, sondern ein Nebengebäude. Hier in der Nähe von Appomattox fand die letzte Schlacht der Konföderierten aus den Südstaaten statt. Generell Robert E. Lee stand seinem Widersacher aus dem Norden Generalleutnant Ulysses S. Grants gegenüber. Am 09. April 1865 unterzeichneten die beiden die Kapitulation der Südstaaten hier an diesem Ort. Mehr Geschichte geht wohl dann nicht.

Der amerikanische Bürgerkrieg fand genau hier sein Ende und wieder war es Abraham Lincoln der mit seinen Visionen eines Friedens genau den richtigen Ton fand. Nicht die totale Kapitulation mit Anerkenntnis der Schuld wurde vom Süden verlangt. Die Soldaten konnten einfach wieder zu ihren Familien nach Hause zurückkehren. Sogar ihre Pferde durften sie mitnehmen. Zur damaligen Zeit ein wertvolles Gut. Sie mussten nur ihre Waffen abgeben. Generell Lee handelte dabei entgegen dem Willen seines Präsidenten aus dem Süden Jefferson Davis, der bis zum letzten Blutstropfen kämpfen wollte. Lee wusste, dies würde die Nation nur weiter spalten und eine Heilung dieser Spaltung wäre sehr langwierig oder vielleicht sogar nie möglich.

Hier in Appomattox wird Geschichte wieder lebendig. Man kann sich direkt vorstellen wie Grant mit seinen Leuten zu Pferd auf diesem Weg hierher geritten ist...

Links und rechts standen die Soldaten des Südens Spalier, während sich Grant in die Höhle des Löwen begab. Heraus kam er wieder mit einer Kapitulationsurkunde des Süden. Natürlich sprach sich das Ende des Krieges wie ein Lauffeuer herum. Als die Soldaten Grants Jubelschreie ausstoßen wollten, hinderte er sie daran. Es gäbe kein Grund zu Jubeln. Jetzt müssten erst einmal die Wunden des Krieges geheilt werden und aus zwei Nationen wieder eine einzige Nation geschmiedet werden. Im Nachhinein betrachtet ist dies auch gelungen. Dies ist u.a. auch Menschen wie Grant und Lee zu verdanken.

Von Appomattox ging es dann schnurstracks für uns in Richtung Winston Salem unserem Übernachtungsziel für die Nacht. Unterwegs beehrten wir noch einen Olive Garden. So ging ein wunderschöner Tag zu Ende. Lee und Grant haben mich zusammen mit Lincoln nachhaltig beeindruckt. Nicht Hass hat ihr Weltbild geprägt, sondern der Sinn für das Machbare und die Menschlichkeit. In der heutigen Zeit wären diese Menschen mit diesen Eigenschaften dringender als jemals zuvor.

Was uns sonst noch so aufgefallen ist: Im Appomattox Court House National Historc Park hatten wir heute Nachmittag ein kleines Picknick eingelegt. Wir ließen uns auf einer Bank unter einem Baum im Schatten nieder. Natürlich im Schatten. Wer setzt sich denn auch in die Sonne? Neben uns saß schon eine Familie, Vater Mutter 5 Kinder, und taten das gleiche wie wir. Essen, Diskutieren, Urlaub.

Sie sprachen italienisch, zumindest die paar Brocken die man verstand. Wobei ich erst dachte es wäre spanisch. Ich wieder...Schließlich sitzt man ja nicht da und lauscht dem Nebentisch. Als sie fertig waren, standen sie auf. Plötzlich stand der Vater der Familie vor uns und fragte ob wir aus Germany wären. Ja, klar! Wie er darauf jetzt kommen würde? Er meinte nur: "Lucky guess", also Glücktreffer. Aber so glücklich war der Treffer gar nicht. Seine Frau studierte in Würzburg Deutsch und war aus Mailand. Seine Eltern waren vor 30 Jahren in die USA ausgewandert. Sie wohnten in Richmond, Virginia. Leider konnten wir seine Frau nicht dazu überreden mit uns Deutsch zu sprechen. Sie blieb beim Englischen. Nur wenn sie mit den Kindern schimpft würde sie ins italienische wechseln. Das hat mehr Kraft.

Zum Abschluss unseres Gesprächs gab mir der Vater sogar noch seine Visitenkarte. Falls wir irgendwelche Probleme hätten in der Gegend, dürften wir ihn gerne anrufen. Eine nette Geste, die man als kritischer Zeitgenosse zwar gerne hinterfragen würde, aber dann doch sein lässt. Warum gibt mir ein wildfremder Mann seine Visitenkarte? Im übrigen eine private und keine geschäftliche Karte. Ich konnte ihm leider keine geben, da ich nur selten mit Visitenkarten durch die Gegend laufe, privat.

Hab ich euch eigentlich schon gesagt, ich liebe diese Art des Urlaubs. Solche Erlebnisse kann man mit keinem Geld der Welt bezahlen, für alles andere gibt es Mastercard.